125 JAHRE ASPIRIN – UND DER MANN, DEM WIR ES VERDANKEN: DR. ARTHUR EICHENGRÜN

Lesung und Gespräch mit dem Autor Ulrich Chaussy am 16.02.2024 in der Christuskirche

Im Herbst 2023 haben Ulrich Chaussy und Ellen Lorentz bezüglich einer möglichen Veranstaltung in Leverkusen Kontakt aufgenommen. Daraufhin hat Ellen Lorentz sich mit der Evangelischen Christuskirche bezüglich ei ner Lesung zusammengeschlossen. In mehreren Meetings haben Dr. Detlef Prößdorf, Ulrich Chaussy und Dr. Ellen Lorentz ein stimmiges Format entwickelt, in dem die Beziehung von Carl Duisberg und Arthur Eichengrün, dem Forschungsleiter bei der Bayer AG in den Mittelpunkt gestellt werden. Auch wenn Eichengrün nicht in Leverkusen gearbeitet hatte, so prägten seine Entwicklungen die Stadt mit.

Seit 125 Jahren gibt es Aspirin. Leverkusener bezeichnen die Tabletten im grün weißen Schächtelchen als Symbol ihrer Stadt. Denn auf dieser Schachtel wurde erstmals das Bayer Kreuz, das heutige Logo des Konzerns abgedruckt. 1933 wurde das Bayerkreuz als größte Leuchtreklame in Deutschland errichtet. Für viele Leverkusener ist das Kreuz so etwas wie das Stadtsymbol.

1899 brachte BAYER Aspirin auf den Markt, erst als Pulver und noch im selben Jahr in der heute bekannten Tablettenform. Seither bekämpfen Millionen von Menschen in aller Welt mit dem in seiner Formel unveränderten Medikament Kopf- und Gliederschmerzen, Erkältung und Fieber. Doch um ein Haar wäre das erfolgreichste Medikament der Pharmaziegeschichte nie auf den Markt gekommen. Dass ASPIRIN das Licht der Welt erblickte, verdanken wir einem Mann, dessen Meriten bis heute nicht anerkannt werden: Dr. Arthur Eichengrün. Die BAYER AG hat über Jahrzehnte und weltweit einen falschen Mythos über das ASPIRIN verbreitet. Ihm zufolge haben es zwei Männer aus der Taufe gehoben: Dr. Felix Hoffmann und Professor Heinrich Dreser. Tatsächlich ist dem Laborchemikers Hoffmann die chemische Synthese der Acetylsalicylsäure – im Rahmen einer von Eichengrün angeordneten Versuchsreihe gelungen. Der Pharmakologe Dreser schätzte ASPIRIN falsch ein. Es sei ein gefährliches Herzgift, dürfe nie als Heilmittel auf den Markt. Nur weil Eichengrün Dreser‘s Blockade 1899 durchbrach, haben wir seit 125 Jahren und bis heute ASPIRIN. Zwölf entscheidende Jahre verbrachte der Forscher in Elberfeld und Leverkusen. Carl Duisberg gewann ihn für BAYER. Ihm vertraute er 1896 den Aufbau und die Leitung des wissenschaftlich-pharmazeutischen Labors von BAYER an. Um 1900 bot der Beruf des Chemikers Karrierechancen, auch für Juden einen Weg in die bürgerliche Gesellschaft. Nur 25 Jahre später führte der Weg ins KZ Theresienstadt.

Eichengrün aber ist vergessen. Als Jude wurde er ab 1933 verfemt und verfolgt, wirtschaftlich ruiniert, aus der Wissenschaftsgeschichte herausgeschrieben und ins KZ Theresienstadt deportiert. Zugleich wird ein bislang blinder Fleck, das Schicksal und Lebenswege von Forschern jüdischer Herkunft zur Chemie- und Stadtgeschichte beleuchtet. Auch in Leverkusen gab es Forscher, die emigrieren mussten oder deren Leben im KZ endete. Ulrich Chaussy erinnert mit einer Biographie an diesen großen Erfinder von Pharmaka und Kunststoffen, dem wir nicht nur, aber auch seit 125 Jahren das ASPIRIN und das Bayer Kreuz verdanken.

Im Rahmen der Lesung am 16. Februar in der Christuskirche wurde aus dem Publikum angeregt in Leverkusen eine Arthur Eichengrün Straße zu benennen. Der Verein Leverkusen Kult Tour e.V. führt derzeit diesbezüglich mehrere Gespräche. Im Rahmen eines Stadtspaziergangs durch die Chemikerstraßen in der Kolonie Johanna sollen in 2024 hierzu Anregungen und Ideen gesammelt werden.