Rathaus

Das alte Rathaus

In Wiesdorf entstand seit 1900 eine neue Infrastruktur. 1905 begann der Bau eines neuen, großen Rathauses, da das alte Rathaus in Küppersteg für die expandierende Gemeinde zu klein geworden war. Die Standortverlegung nach Wiesdorf dokumentierte den Aufschwung von Wiesdorf nach der Ansiedelung der Bayer AG. 1908 begannen die Bauarbeiten für das neue Rathaus der Gemeinde Wiesdorf-Küppersteg. Die letzten Fertigstellungsarbeiten am gründerzeitlichen Gebäude erfolgten bis 1910.

Wegbeschreibung

Dort, wo heute der linke Flügel der Rathaus Galerie beginnt, stand früher das Bayer-Kaufhaus. Es gehört zu den verschwundenen Gebäuden.

Wir durchschreiten die Glastüren der Rathaus Galerie. Rechts vom heutigen Rathaus auf der linken Seite befand sich das alte Rathaus. Diese letzte Station gehört zu den verschwundenen Häusern der Weimarer Republik.

Von hier sehen wir auch auf unsere Ausgangsstationen, die evangelische Kirche und die Musikschule.

Straßenkarte mit Wegeführung (Rot = Ziel)

Eine moderne Stadt entsteht

Das alte Rathaus

In der Wiesdorfer Neustadt gab es vier repräsentative Gebäude (Bayer-Kaufhaus, Rathaus, Christuskirche und Schule), die den Weg zur Stadtenwicklung der Gemeinde andeuteten. Der Bau des gründerzeitlichen Rathauses wurde durch eine Teilfinanzierung der Bayer AG möglich. Die Gemeinde konnte den Bau nicht aus eigenen Mitteln stemmen, da kommunale Infrastrukturaufgaben wie Kanalisationen, Wasserleitungen Straßen und Schulen zu errichten waren. Demzufolge mietete die Gemeinde zunächst das Rathaus.

Ab 1910 fuhr die Straßenbahnlinie „O“ mit einer Haltestelle bis vor das Rathaus. Später ging die Fahrt weiter nach Opladen. Wiesdorf war somit sowohl mit der Kreisstadt Opladen als auch mit der Stadt Köln verbunden.

1914, also vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, lebten in Wiesdorf fast 20.000 Menschen. Der Erste Weltkrieg und neue Wirtschaftsaktivitäten ab Mitte der zwanziger Jahre beschleunigte das Bevölkerungswachstum zusätzlich. Im Vergleich mit anderen Regionen war die Arbeitslosigkeit im Leverkusener Raum mit etwas über 7 % im Jahr 1932 vergleichsweise gering. Demzufolge verzeichnete Wiesdorf auch nach dem Ersten Weltkrieg eine stetige Bevölkerungszunahme. Das bedingte einen regelrechten Bauboom. Von 7.280 im Jahre 1928 in wiesdorf gezählten Wohnungen sind ca. 1.500 Wohnungen in der Weimarer Republik entstanden. Die meisten Wohnungen werden der von Wilhelm Fähler geschaffenen Neuenhofsiedlung in Küppersteg sowie den Siedlungshäusern am Stadtpark zugeordnet.

 

Audio: Wiesdorfer Bauboom

Das Rathaus

Trauzimmer im Rathaus, um 1925

Der Ratskeller, um 1925

Das großzügige Rathaus wurde ein Symbol der Stadt und Treffpunkt in der Neustadt, wenngleich das Gebäude wegen der chronischen Geldnot der Gemeinde lange Zeit von Wiesen gesäumt wurde. Im Parterre befanden sich die Polizeistation, ein Sekretärinnenzimmer mit zwei Schreibmaschinen, das Standesamt mit Trauzimmer und Sitzungsräume.

In den oberen Geschossen gab es Büros, in denen zum Umzug ca. 60 MitarbeiterInnen arbeiteten. Im Souterrain lag der Ratskeller, in dem die Bürger sich auf ein Bier oder zum Essen zusammenfanden.

Frauenrechte, Bildung und Berufstätigkeit

In der Weimarer Republik bekamen die deutschen Frauen das aktive und passive Wahlrecht. Zeitgleich mussten sie aber in den Fabriken und Behörden ihre Arbeitsplätze für die aus dem Krieg kommenden Männer räumen. Dennoch war die Frauenberufstätigkeit eine der zentralen gesellschaftlichen Innovationen in der jungen Weimarer Republik, die mit der Zeit der britischen Besatzung anfing.

 

Audio: Frauenwahlrecht

Obwohl die Zeiten wirtschaftlich schwierig waren wurden in der Weimarer Zeit die Grundlagen für eine Transformation der Gesellschaft gelegt. Das Bildungssystem (mit Realschule am Stadtpark, Carl-Duisberg-Realgymnasium, berufsbildender Schule und Lyceum) wurde ausgebaut, eine Freizeitkultur mit Möglichkeiten zum Ausgehen und Vergnügen entstand, und die Mobilität der Menschen entwickelte sich.

 

Audio: Bildung

 
Video: Bildung und Beruf

Verkehr

Neben öffentlichen Verkehrsmitteln bekamen das Rad und das Auto eine neue Bedeutung und machten den Bewegungsradius der Menschen weiter. Dies wurde ein neues Merkmal der aufstrebenden Stadt. Verkehrstechnisch optimal aufgestellt bot Wiesdorf aufstrebenden Firmen perfekte Voraussetzungen.

Stadtentwicklung unter schwierigen Bedingungen der Besatzung

Die Zeiten im Rathaus waren jedoch für die aufstrebende Gemeinde nicht nur durch die Kriegswirtschaft turbulent und schwierig. Auch die Nachbarn erkannten die wirtschaftlichen Potenziale des Chemiestandorts und entwickelten Begehrlichkeiten. Ab 1917 wurde Konrad Adenauer Oberbürgermeister in Köln. In seinem Stadtentwicklungskonzept plante er im Rechtsrheinischen einen Industriegürtel, in dem auch das Gebiet von Wiesdorf und Küppersteg in das Kölner Stadtgebiet einverleibt werden sollte. In Wiesdorf lebte seit 1913 Carl Duisberg, ein ebenso durchsetzungsstarker und machtbewußter Gegenspieler von Adenauer. Duisberg brachte viel Energie auf, die Bestrebungen von Adenauer zu verhindern. Seine Strategie war, das Stadtgebiet und die Bevölkerung durch den Zusammenschluss mit anderen Dörfern auszudehnen. Der Bürgermeister Dr. Claes, ein ehemaliger Mitarbeiter von Adenauer, erwies sich dabei als umsichtiger Verhandler mit den Gemeinden Rheindorf, Steinbüchel und Schlebusch.

1930 erfolgte der Zusammenschluss mit der Gemeinde Schlebusch, die nach der Schließung der Carbonitfabrik im Jahre 1926 große wirtschaftliche Probleme hatte.

Um den Stolz der Schlebuscher nicht zu verletzen, suchte man nach einem neuen Namen für die Stadt. Im Gespräch waren Wuppermünde und Aspirin. Wuppermünde klang sehr technisch, Aspirin war ein Name der durch das beliebte Kopfschmerzmittel sehr bekannt war, aber dieser Stadtname hätte auch sehr deutlich die Abhängigkeit von Bayer zum Ausdruck gebracht.

Schließlich einigte man sich auf Leverkusen, eine Stadt, genannt nach Carl Leverkus, dem ersten namhaften Unternehmer, der mit einer Blaufabrikation 1865 in Wiesdorf ansiedelte. Mit seiner Produktion, die den Grundfarbstoff für blaue Uniformen lieferte, wurde die Textilwirtschaft auf unserem Stadtgebiet nach vorne gebracht. So ist ein wesentlicher Grundstein für die Stadt Leverkusen gelegt worden.

 

Audio: Bedingungen der Besatzung